Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil zur Berufsbezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ Stellung genommen. Diese wird überwiegend von Heilpraktikern mit einer auf Psychotherapie beschränkten Zulassung verwendet.
Auch der vorliegende Sachverhalt betraf einen Heilpraktiker, der über eine sektorale Heilpraktikererlaubnis (nur) für das Gebiet der Psychotherapie verfügte. Allerdings wurde ihm bei der Erteilung dieser Erlaubnis behördlicherseits vorgegeben, die Bezeichnung „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ zu verwenden.
Ein Wettbewerbsverband sah in der Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ eine unzulässige Irreführung und erhob eine entsprechende Klage. Diese Bezeichnung würde nicht hinreichend verdeutlichen, dass der Heilpraktiker nur eine beschränkte Zulassung besitzen würde. Das Landgericht Wuppertal hat die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ in erster Instanz als nicht irreführend eingestuft und die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf betrachtet dies indes kritischer. Wörtlich heißt es in dem Berufungsurteil:
Allerdings ist dem Landgericht nicht darin beizupflichten, dass diese Bezeichnung (Anm. d. Verf.: gemeint ist „Heilpraktiker für Psychotherapie“) keine Irreführungsgefahr berge. Tatsächlich ist sie durchaus zur Täuschung geeignet, weil ein Teil des Verkehrs sie als Zusatzqualifikation und nicht als Einschränkung versteht. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie u. a. Befähigung oder Zulassung enthält. Dies richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglieds des angesprochenen Verkehrskreises. Adressaten der Werbung auf der Internetseite des Beklagten sind potentielle Patienten, die Leistungen eines Heilpraktikers für Psychotherapie in Anspruch nehmen wollen.
Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde die Erwartungen dieses Verkehrskreises selbst beurteilen, weil seine Mitglieder über mehrjährige Erfahrung im gewerblichen Rechtsschutz verfügen und daher mit der Feststellung von Verkehrsauffassungen vertraut sind. Die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ ist unklar, weil sie offen lässt, ob der Beklagte nur eingeschränkt für das Gebiet der Psychotherapie als Heilpraktiker zugelassen ist oder ob er über die normale Zulassung als Heilpraktiker hinaus über eine entsprechende Zusatzqualifikation verfügt. Ein Teil der Leser der Internetseite wird sie in letzterem Sinne verstehen, indem er eine Parallele zu. den Berufsbezeichnungen für Fachärzte zieht, die Ärzte mit einer Zusatzqualifikation für ein bestimmtes Fachgebiet ausweisen, zumal die vom Beklagten verwendete Bezeichnung die Einschränkung der Zulassung nicht ausdrücklich hervorhebt. Dies wäre jedoch für diesen Teil des angesprochenen Verkehrs zur Klarstellung erforderlich gewesen, um dem durch die Bezeichnung hervorgerufenen Eindruck einer Zusatzqualifikation entgegenzuwirken. Die geteilte Verkehrsauffassung wird auch daran deutlich, dass einige Behörden, die sich bei der Bestimmung der zu führenden Berufsbezeichnung ebenfalls mit den Vorstellungen und Erwartungen der potentiellen Patienten befassen, die Bezeichnung „Heilpraktiker, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie“ verlangen, während andere Behörden und Gerichte die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ oder „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ empfehlen, vorgeben oder nicht beanstanden.
Das Gericht hat trotz dieser Ausführungen einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten verneint, die Berufung zurückgewiesen und im Sinne des verklagten Heilpraktikers entschieden. Das Gericht hat dies wie folgt begründet:
Die vom Beklagten verwendete Bezeichnung sei zwar irreführend, werde jedoch von der ihm erteilten Erlaubnis gerechtfertigt. So heißt es in der Erlaubnisurkunde des Beklagten, dass dieser die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ zu führen habe. Im Urteil heißt es hierzu: Im Rahmen des § 3a UWG, (…) ist anerkannt, dass der Tatbestand des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung ausscheidet, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde einen wirksamen Verwaltungsakt erlassen hat, der das beanstandete Marktverhalten ausdrücklich erlaubt. Solange ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, ist die Zulässigkeit des beanstandeten Verhaltens einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen. Diese Wirkung ist im Rahmen des § 5 UWG ebenfalls zu berücksichtigen, und zwar im Streitfall in der Weise, dass die Verwendung der in einer behördlichen Erlaubnis vorgegebenen Berufsbezeichnung eine objektiv richtige Angabe im Sinne dieser Vorschrift darstellt. Denn dem Adressaten wird mit dem Verwaltungsakt auferlegt, diese Bezeichnung zu verwenden. Sie steht daher objektiv mit den Anforderungen der erteilten und wirksamen Erlaubnis im Einklang.
Das Gericht hat hierbei ausdrücklich bestätigt, dass sich die rechtfertigende Wirkung auch auf die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ erstreckt, sofern in der Erlaubnis die Bezeichnung „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ vorgegeben werde. Denn:
Die vom Beklagten verwendete Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ ist zwar nicht exakt wortgleich, aber inhaltlich gleichbedeutend und damit von der erteilten Erlaubnis gedeckt. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach den Grundsätzen zu bestimmen, die auch für die Auslegung von Willenserklärungen gelten. Danach ist der erklärte Wille der erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts ist in erster Linie auf den Entscheidungssatz und die Begründung des Verwaltungsakts abzustellen; darüber hinaus ist das materielle Recht, auf dem der Verwaltungsakt beruht, heranzuziehen. Hier stimmt die erteilte Erlaubnis mit den Richtlinien zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes NRW gemäß Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familien und Gesundheit überein, die gemäß Nr. 5.1.3 i. V. m. Anlage 2 ein entsprechendes Muster vorsehen. Dem Verwaltungsakt ist daher zu entnehmen, dass nach dem Willen der zuständigen Behörde mit der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ auf die Beschränkung der erlaubten Tätigkeit auf das Gebiet der Psychotherapie hingewiesen werden soll.
Die vom Beklagten verwendete Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ unterscheidet sich entgegen der Ansicht des Klägers davon inhaltlich in keiner Weise, sondern stellt lediglich eine semantische Auflösung des Klammerzusatzes dar. Sie weist insbesondere nicht eher auf eine Zusatzqualifikation hin als die vorgegebene Bezeichnung. Der Klammerzusatz kann ferner mündlich ohne Veränderung oder Ergänzung des Aussagegehalts nur durch Heilpraktiker „der oder für“ Psychotherapie ausgedrückt werden. Deswegen ist die Erlaubnis aus Sicht des Beklagten objektiv so zu verstehen, dass die von ihm verwendete Formulierung gleichermaßen auf die Einschränkung hinweist. Da er eine in jeder Hinsicht gleichbedeutende Berufsbezeichnung verwendet hat, ergibt sich somit im Wege der Auslegung, dass sie von der erteilten Erlaubnis gedeckt ist.
FAZIT: Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind gegenwärtig schwer abzuschätzen. Dies gilt auch deshalb, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Zudem kommt der Ansicht eines Oberlandesgerichts zwar eine gewisse Vorbildwirkung zu; eine Bindungswirkung für andere Gerichte entfaltet die Rechtsansicht jedoch nicht. Es handelt sich insofern um eine Einzelfallentscheidung. Insbesondere andere Oberlandesgerichte können eine abweichende Ansicht vertreten. Weiterhin war die Frage im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich; denn letztlich hat das Gericht maßgeblich auf den erteilten Zulassungsbescheid abgestellt. Die Begründung zur oben genannten Rechtsansicht fiel deshalb eher knapp aus. Zudem wurde auf weitere Folgefragen – wie die erforderliche Relevanz einer Irreführung – nicht näher eingegangen.
Auf der anderen Seite ist zu bedenken: Das Gericht hätte sich im zu entscheidenden Fall nicht zwingend zu der Frage der Irreführungsgefahr durch die Verwendung der Berufsbezeichnung Heilpraktiker für Psychotherapie äußern müssen. Es hätte diese Frage offen lassen können und ausschließlich auf den erteilten Zulassungsbescheid abstellen können. Die in der Entscheidung des Gerichtes geäußerte Rechtsansicht erfolgte, weil sich die Gelegenheit dazu bot. Insofern könnte dies als – warnender – Hinweis des Gerichts verstanden werden. Sektorale Heilpraktiker im Zuständigkeitsbereich des OLG Düsseldorf sollten berücksichtigen, dass das hier maßgebliche Gericht dazu tendiert, eine Irreführung durch die Verwendung der Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ zu bejahen. Die Bezeichnung sollte nur dann verwendet werden, sofern der Zulassungsbescheid diese Bezeichnung bzw. die Bezeichnung „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ verbindlich vorgibt. In diesem Fall hat das Gericht die Nutzung ausdrücklich gestattet. Findet sich im Zulassungsbescheid keine Vorgabe, ist die Bezeichnung „Heilpraktiker, beschränkt auf Psychotherapie“ bzw. „Heilpraktiker, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie“ oder eine entsprechende Bezeichnung aus rechtlicher Sicht vorzuziehen.
Sektorale Heilpraktiker mit einer beschränkten Erlaubnis auf das Gebiet der Psychotherapie, welche die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ weiterhin verwenden, ohne über eine Vorgabe im Zulassungsbescheid zu verfügen, setzen sich dem Risiko aus, dass ein Wettbewerbsverband dieses erneut beanstandet. Ob solche Abmahnungen und ggfs. weitere Klagen gegen die Nutzung der Bezeichnung in anderen Gerichtsbezirken Erfolg haben, ist jedoch nur schwer vorherzusagen. Bereits die abweichenden Würdigungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verdeutlichen die rechtlichen Unwägbarkeiten bei dieser Wertungsfrage. Es verbleibt hier weiterhin eine rechtliche „Grauzone“. Rechtssicherheit ist nur dadurch zu erlangen, dass die Behörden bei der Erteilung der sektoralen Heilpraktikererlaubnis eine konkrete Berufsbezeichnung vorgeben.
Interessanterweise heißt es in den Anmeldeformularen des Gesundheitsamtes Düsseldorf wie folgt: Ich melde mich hiermit verbindlich zur oben genannten Kenntnisüberprüfung im Rahmen der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung nach dem Heilpraktikergesetz vom 17.02.1939 beim Gesundheitsamt der Stadt Düsseldorf an. Mit dieser verbindlichen Anmeldung beantrage ich gleichzeitig die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung und Approbation unter der Berufsbezeichnung „Heilpraktikerin/Heilpraktiker (Psychotherapie)“. Konsequenterweise müsste das Gesundheitsamt hier die genannte Bezeichnung im Zulassungsbescheid ausdrücklich vorgeben.
Eine weitere Möglichkeit deutet das OLG an, indem es kritisiert, dass die Einschränkung der Zulassung durch den beklagten Heilpraktiker nicht ausdrücklich hervorgehoben worden sei. Es könnte erwogen werden, die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ weiterhin zu verwenden, wenn in direktem Zusammenhang klargestellt wird, dass es sich um eine inhaltlich beschränkte Teilerlaubnis handelt. Dies könnte mit einem aufklärenden – hinreichend deutlichem – (Sternchen-)Hinweis erfolgen. Allerdings sind die Auswirkungen eines solchen Hinweises rechtlich umstritten. Aus diesem Grund empfiehlt sich dieser Weg nur mit anwaltlicher Unterstützung.
Heilpraktiker mit einer sektoralen Erlaubnis sollten zudem darauf achten, nur solche Indikationen oder Verfahren zu bewerben, die in den Bereich der Psychotherapie fallen. Andernfalls kann ein abmahnfähiger Rechtsverstoß vorliegen. Dieser richtet sich jedoch vorrangig auf das Unterlassen der unzulässigen Werbung und nicht gegen die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keinesfalls eine anwaltliche Beratung zu der erörterten Thematik. Er verzichtet bewusst auf juristische Details und beschränkt sich auf eine vereinfachte Schilderung der Rechtslage, um einen verständlichen Überblick zu verschaffen. Die Beantwortung der juristischen Fachfragen soll der juristischen Fachliteratur vorbehalten bleiben und ist nicht Gegenstand dieses Artikels. Aufgrund der komplexen Rechtslage übernehme ich keine Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der Ausführungen.