Medizinische Selbsttests – Blutentnahme durch Heilpraktiker


Ende des letzten Jahres hat ein Dienstleister aus dem Bereich der medizinischen Selbsttests zahlreiche Heilpraktiker per E-Mail angeschrieben. Ziel war es, bundesweit Heilpraktiker zu gewinnen, die bei den Kunden des Dienstleisters die für die Durchführung der Selbsttests erforderlichen Blutentnahmen durchführen. Dies sollte entweder ambulant beim Patienten oder in einer nahegelegenen Praxis erfolgen. Insbesondere für den Fall, dass Hausarztpraxen die Entnahmen nicht durchführen, suchte der Anbieter vermutlich nach Alternativen.

Für Heilpraktiker stellen sich bei diesem „Angebot“ jedoch rechtliche Fragen. Die Berufsverbände Freie Heilpraktiker e.V. und Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. haben mich mit einer Stelungnahme beauftragt. Freundlicherweise wird diese nachfolgend allen Heilpraktikern zugänglich gemacht:

Wir raten dringend dazu, diese Punkte vor einer Teilnahme zu klären:

  • Heilpraktiker sollen offenbar auf Anweisung des Anbieters bei dessen Kunden Blut entnehmen. Die Vergütung erfolgt unmittelbar durch den Anbieter, nicht durch den „Patienten“. Der Heilpraktiker nimmt selbst keine Anamnese vor, stellt keine Diagnose und wird nicht therapeutisch tätig. Es erscheint deshalb zweifelhaft, ob es sich hierbei noch um eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Ebenso fraglich ist, ob das Honorar mehrwertsteuerbefreit ist. Das geschilderte Modell erweckt aufgrund der „Weisungsgebundenheit“ eher den Eindruck einer gewerblichen Tätigkeit.
  • Unklar ist, ob der Heilpraktiker überhaupt erfährt, für welche Testung das Blut entnommen wird. Offenbar entscheidet der Patient selbst, welche Tests er für erforderlich hält bzw. welche Werte bestimmt werden sollen. Dies erscheint im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten des Heilpraktikers problematisch. Insbesondere sind die Vorgaben des IfSG zu beachten. Eine Testung „ins Blaue hinein“ bzw. auf Wunsch des „Patienten“ kann mit den Vorgaben des IfSG kollidieren. Gemäß § 24 IfSG gilt: „Die Feststellung oder die Heilbehandlung einer in § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 oder in § 34 Absatz 1 Satz 1 genannten Krankheit oder einer Infektion mit einem in § 7 genannten Krankheitserreger oder einer sonstigen sexuell übertragbaren Krankheit darf nur durch einen Arzt erfolgen.“
  • Wie wird mit den Testergebnissen umgegangen? Durch wen werden die Tests ausgewertet? Wie geht es nach dem Erhalt der Testergebnisse weiter? Da der Heilpraktiker selbst offenbar keine Testergebnisse erhält, kann er eventuell medizinisch erforderliche Maßnahmen nicht veranlassen. Dies erscheint haftungsrechtlich problematisch; zudem sollte die Tätigkeit mit der Berufshaftplichtversicherung abgestimmt werden.
  • Wer haftet, wenn es bei der Blutentnahme zu Komplikationen kommt? Da die Materialien für die Blutentnahme (Monovetten, Kanülen, Multi-Adapter) vom Anbieter der Tests direkt dem Patienten zugeschickt werden, kann es hier zu Problemen kommen. Der Heilpraktiker trägt die Verantwortung dafür, dass die Materialien ordnungsgemäß sind und – insbesondere bei ambulanter Tätigkeit – sämtliche hygienischen Anforderungen bei der Blutentnahme erfüllt werden.
  • Derzeit ist nicht erkennbar, welche Testungen angeboten werden. Unklar bleibt, ob das Angebot zukünftig erweitert wird. Es wäre zu klären, durch wen, in welcher Form und mit welcher rechtlichen Verbindlichkeit die Auftraggeber über das Testergebnis benachrichtigt werden. Bei im IfSG aufgeführten meldepflichtigen Infektionen und Erkrankungen ist das Labor zur Meldung eines positiven Testes verpflichtet. Dabei wäre möglicherweise auch der Heilpraktiker zu nennen. Dies könnte zu Rückfragen des Amtsarztes führen.

Abschließend eine allgemeine Anmerkung. Das hier beschriebene Modell erweckt den Eindruck, Heilpraktiker zu bloßen Erfüllungsgehilfen zu degradieren. Es widerspricht dem Heilpraktiker-Berufsbild als eigenständigem Heilberuf. Der Heilpraktiker sollte zudem stets kritisch prüfen, welche tatsächliche Aussagekraft den Parametern der Selbsttests zukommt. Patienten dürfen nicht durch eine überbordende Testung von Werten mit fraglichem Aussagegehalt finanziell übervorteilt werden.