Fußreflexionen-Massage ist Heilkunde


Fußreflexionen-Massage, die eine Diagnose voraussetzt, nach der das betreffende Leiden durch Massage behandelt wird, stellt Heilkunde dar (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 08.11.1988 – AZ 6 A 21/88). In der Entscheidung heißt es:

„Die vom Kläger durchgeführte Fuß-Reflexzonen-Massage ist nach Maßgabe der vorbezeichneten Auslegung Ausübung von Heilkunde. Sie dient keineswegs nur der Förderung des allgemeinen Wohlbefindens der Behandelten, sondern setzt nach Ziel, Art und Methode ärztliche Fachkenntnisse voraus.

Zunächst stellt sich die Behandlung durch den Kläger mangels Abhängigkeit von ärztlichen Anweisungen für die ihn aufsuchenden Personen als eigenständige, in sich abgeschlossene Behandlungsart dar. Hierin liegt bereits der wesentliche Unterschied zu den vom Kläger als vergleichbar angesehenen, nicht unter die Erlaubnispflicht des Heilpraktikergesetzes fallenden Heilhilfsberufen, wie etwa die Tätigkeit des Masseurs. Schon aus der begrifflichen Einordnung als Hilfstätigkeit wird deutlich, dass es sich bei derartigen Heiltätigkeiten nicht um solche selbständiger, neben der ärztlichen Tätigkeit stehender Art handelt; vielmehr besteht zwischen den nichtärztlichen Hilfskräften und Ärzten ein Unterordnungsverhältnis. Je nach Art, Schwierigkeitsgrad und Gefährlichkeit der besonderen (Hilfs-) Funktionen unterliegen die Hilfskräfte in der Gesundheitspflege einer mehr oder weniger intensiven Anleitung und Beaufsichtigung durch einen Arzt (vgl. BVerwG, NJW 1970, 1987, /1988/). Eine solche Beziehung zwischen ärztlicher Tätigkeit und der vom Kläger ausgeübten Massagetätigkeit besteht jedoch gerade nicht.

Die Annahme, dass auch das mit der Behandlungsart verfolgte Ziel und die Behandlungsmethode ärztliches Fachwissen voraussetzen, ist in folgendem begründet: Ausweislich der vom Kläger selbstverfassten Angaben in dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren, seinen vor dem Verwaltungsgericht gegebenen Erläuterungen und weiteren in der mündlichen Verhandlung erörterten Erkenntnisquellen, geht der Fuß-Reflexzonen-Massage grundsätzlich eine diagnostische Tätigkeit voraus, an die sich gezielt eine Behandlung der wirklichen oder vermeintlichen Leiden eines Patienten durch Fuß-Massage anschließt. Die Fuß-Reflexzonen-Massage geht erklärtermaßen von einer Wechselbeziehung zwischen bestimmten Fußpartien und diesen zugeordneten Organen oder Körperteilen aus. Dies belegt u. a. auch das von einem Nichtprozessbeteiligten vorgelegte Schaubild, welches Gegenstand der mündlichen Verhandlung war und dessen Darstellung vom Kläger nicht in Zweifel gezogen wurde. Aufgrund der behaupteten Zuordnung soll durch Massieren eines bestimmten Punktes am Fuß auf ein and anderer Stelle des Körpers vorhandenes Leiden, das nicht selten organischer Art ist, eingewirkt werden. Die somit der Fuß-Reflexzonen-Massage bereits notwendigerweise vorangehende diagnostische Tätigkeit ist eine typisch ärztliche und setzt ärztliches Fachwissen voraus. Würde, wie der Kläger in eindeutigem Widerspruch zu seinem früheren Vorbringen in der Berufungsverhandlung glaubhaft machen wollte, bei einem Patienten lediglich der ganze Fuß zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens massiert, so wäre die dieser Behandlungsart zugrundeliegende Lehre von der Zuordnung bestimmter Zonen des Fußes zu bestimmten Organen des Menschen unverständlich.

Dass es sich bei der Fuß-Reflexzonen-Massage um eine gezielte Behandlungsmethode zur Linderung bzw. Heilung von Beschwerden und sogar Krankheiten handelt, wird durch den in die mündliche Verhandlung eingeführten Pressebericht vom 05./06. November 1988 nur bestätigt. Danach stellt der Therapeut durch Reizauslösung an bestimmten Punkten des Fußes fest, ob der Patient einzelne Schmerzpunkte empfindet, die eine Störung des zugeordneten Organs signalisieren. Hierdurch könnten Beschwerden und Krankheiten einzelner Organe aufgespürt werden. Beispielhaft werden bestimmte Krankheiten aufgeführt, bei deren Behandlung durch die (auch vom Kläger ausgeübte) Massagetätigkeit sich gute Heilungserfolge gezeigt hätten. Der auch insoweit bestätigten Annahme des Senats, dass die Tätigkeit des Klägers nach Art, Ziel und Methode ärztliches Fachwissen erfordert, widerspricht nicht die vom Kläger berichtete Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens seiner Patienten, dabei mag es sich um eine durchaus anerkennenswerte Begleiterscheinung handeln, in der sich der erklärte Anspruch der Behandlungsmethode jedoch nicht erschöpft.

Setzt die vom Kläger ausgeübte Fuß-Reflexzonen-Massage ärztliche Fachkenntnisse voraus, so erfüllt sie auch die im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Annahme einer Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz zu fordernde weitere Voraussetzung der möglichen nicht nur unwesentlichen Gesundheitsgefährdung der Patienten bei Anwendung durch nicht heilkunderechtlich zugelassene Therapeuten. Gerade durch den erklärten Anspruch einer eigenständigen in sich abgeschlossene Behandlung durch eine Fuß-Reflexzonen-Massage, wie sie der Kläger praktiziert, werden Patienten u. U. veranlasst, sich von einer notwendigen ärztlichen Betreuung abzuwenden oder sich einer solchen erst verspätet zu stellen. Nicht zuletzt bei organischen Leiden, auf die die Fuß-Reflexzonen-Massage jedenfalls auch- ausgerichtet ist, kann eine dadurch bedingte Verzögerung im Erkennen und Behandeln durch den Arzt zu ernsten Gesundheitsgefährdungen führen. Die Wahrscheinlichkeit solcher Gefährdungen ist angesichts der Leiden und Krankheiten, auf welche diese Massageart einwirken will und wie sie beispielhaft auch in dem Presseartikel angeführt werden, nicht nur geringfügig. Aus dem Gesichtspunkt möglicher Gesundheitsgefährdung von Patienten folgt zudem, dass die vom Kläger praktizierte Fuß-Reflexzonen-Massage selbst dann der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz unterfallen müsste, wenn man davon ausginge, dass ihre Ausübung alleine grundsätzlich kein ärztliches Fachwissen voraussetzt (vgl. BVerwG, NJW 1970, 1987, /1988/; NJW 1966, 1187, /1189/; BGH, NJW 1988, 599, /600/; LG Berlin, NJW 1988, 780, /781/).